
Wort zum Tag 18.03.2023
18. März 2023
Ein Gedanke Gottes
Meine Gedanken wandern zehn Jahre zurück. Damals habe ich meinen Geburtstag in der Klinik verbracht: Ein Windbeutel aus der Kantine war an jenem Tag mein Geburtstagskuchen. Die Hebamme im Kreißsaal war nicht nur unsere Entbindungshelferin, sondern gleichzeitig auch mein Geburtstagsgast. Und zur besten Kaffeezeit kam das große Geschenk, unsere kleine Tochter, zur Welt. Als mein Mann und ich abends unsere Eltern anriefen und die schöne Neuigkeit weitersagten, war der Jubel groß. Besonders euphorisch war mein Vater, der sich erinnerte, damals zu seinem 26. Geburtstag mit mir beschenkt worden zu sein und jetzt teilten sich drei Generationen ein Geburtsdatum! Seitdem feiern wir jedes Jahr als Dreiergespann gemeinsam unseren Ehrentag mit Familie und Freunden. In diesem Jahr werden wir zusammen schon 120!
„Vergiss es nie: Dass du lebst war keine eigene Idee und dass du atmest, kein Entschluss von dir“, so heißt es in einem Lied, das Jürgen Werth aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt hat. „Vergiss es nie: Dass du lebst, war eines anderen Idee und dass du atmest, sein Geschenk an dich. Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal, ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu. Du bist du.“ Mit seiner sehr eingängigen Melodie lässt mich das Lied nachdenken, woher ich komme und wer ich eigentlich bin: Nicht nur ein Geburtstagsgeschenk für meine Mitmenschen. Mir wird bewusst, dass nicht nur meine Eltern ihr Ja zu mir gesagt haben, sondern auch ein größeres Ja über meinem Leben steht. Ich darf ein wichtiger Teil im Schöpfungswerk Gottes sein mit meinen Begabungen und Sehnsüchten, mit meinem Blick auf die Welt und meiner Weise, an Gemeinschaft mitzubauen.
Manchmal singen wir unser Lebenslied in einem fröhlichen und beschwingten Ton, weil es uns gut geht und wir im Einklang mit anderen Menschen sind, weil wir ein schönes Erlebnis hatten oder weil Natur uns staunen ließ. Manchmal aber ergeben sich auch Disharmonien oder Missklänge mischen sich unter. Kein Leben bleibt ohne Krisen und Konflikte, gesundheitliche Probleme, Veränderungen und Abschiede. Manchmal spielt das Leben mehr in den Moll-Akkorden als im aufhellenden Dur. Wenn ich aber weiß, dass ich von Gott gewollt bin und kein Zufallsprodukt, kann ich viel besser durchs Leben wandern, weil ich eine tiefe Geborgenheit spüre. Ich fühle mich geliebt und gehalten. Nicht nur an Geburtstagen.
Dorothea Schanz, Pfarrerin in Großbothen
