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Wort zum Tag – 02.08.2024


2. August 2024

Wertvolle Zwischenzeiten
Als unser Sohn noch keine zwei Jahre alt war, fand er zeitweise nur in den Schlaf, wenn ich an seinem Bettchen sitzen blieb. In dieser Zeit war ich noch in der praktischen Ausbildung und brauchte jede freie Minute für meine Fachbücher und schriftliche Ausarbeitungen – auch und gerade am Abend. Deshalb war nicht nur unser Alltag streng getaktet, sondern auch ein geregelter Schlafrhythmus für unser Kind vorgesehen. So der Plan. Aber Kinder halten sich nicht immer an die Pläne, die man sich ausdenkt. Sie haben ihre eigenen Sorgen und Ängste, ihren je eigenen Rhythmus, den Tag zu verarbeiten. So saß ich manchmal etwas genervt im abgedunkelten Zimmer bei ihm und sah Minute um Minute verstreichen.
Was tun? Wie die Zeit sinnvoll nutzen? Ich begann mit Gott zu reden. Im Stillen, ganz für mich, ging mit ihm meinen Tag durch, brachte ihm, was mich bewegte, legte ein Wort für die ein, die mir begegnet waren, dachte an diese und jene. Und als ich wieder bei mir im dunklen Kinderzimmer angekommen war, war unser Kind fest eingeschlafen. Im Nachhinein waren die Zeiten erzwungenen Nichtstuns gut für mich. Entschleunigend, erdend.
Die Ausbildung ist Jahre her. Zu unserem Sohn kam noch eine Tochter hinzu. Und der Alltag im Pfarrhaus ist immer gut gefüllt mit Begegnungen, Gesprächen, mit Diensten und Sitzungen. Geblieben sind mir die „Zwischenzeiten“: Sie sind mir wertvoll geworden – die Zwiegespräche mit Gott: bei der Autofahrt von A nach B; im Wartezimmer beim Arzt; beim Rundgang mit Gießkanne durch den Garten. Manchmal auch, wenn der Schlaf unterbrochen ist und Gedanken in der Nacht anfangen zu kreisen. Mit Gott rede ich nicht immer mit ausgefeilten Worten, sondern auch mit Gedanken, die keine Ruhe geben wollen. Oft bin ich darüber wieder eingeschlummert und durfte erleben: „Den Seinen gibt´s der HERR im Schlaf.“ Es lohnt sich immer – das Gespräch mit Gott.
Dorothea Schanz, Pfarrerin in Großbothen