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Wort zum Tag – 23.09.2023


23. September 2023

Es geht durch unsre Hände…

… kommt aber her von Gott. So singen wir es derzeit in den Erntedankgottesdiensten in den festlich geschmückten Kirchen, und auch zum Gottesdienst zum Landeserntedankfest morgen im großen Festzelt in Frohburg.

Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land – so heißt das bekannte Lied von Matthias Claudius, aus dem die Überschrift stammt. Das Lied ist 240 Jahre alt. Passt es noch in unsere Zeit?

Was hat es zum Beispiel mit dem „Wir“ auf sich, das den ganzen Text über erscheint? Es geht durch unsre Hände, wir pflügen und wir streuen – das scheint doch nicht zu stimmen. Ich habe noch nie gepflügt, höchstens mal beim Umgraben für ein kleines Kartoffelfeld im Garten geholfen. Die Arbeit in der Landwirtschaft erledigen doch Spezialisten.

Früher, zu Zeiten des Lieddichters Matthias Claudius, war das durchaus anders. Da wurde die ganze Dorfgemeinschaft das ganze Jahr über gebraucht, damit die Felder bestellt und dann auch abgeerntet werden konnten. Neben den Bauern mit ihrem Fachwissen und ihrer Erfahrung, und neben den Bauersfrauen, die die Wirtschaft zu Hause am Laufen hielten, brauchte es viele, viele mithelfende Hände, bei den Kindern angefangen. Besonders dann in der Ernte. Es brauchte die Handwerker, ohne die die Feldbestellung nicht möglich gewesen wäre, Schmiede, Stellmacher und andere. Es brauchte die Gemeinschaft der Feldeigentümer, um die Wege und die Gräben instand zu halten. Wenn einer im Dorf vor der Technisierung gesagt hätte: „Ich ziehe mein Ding alleine durch“, er wäre jämmerlich gescheitert. Das „Wir“ im Lied von Matthias Claudius hatte für alle im Dorf elementare Bedeutung. Auch deshalb war die gemeinsame fröhliche Erntefeier aller so wichtig.

Und heute? Ist es nur scheinbar anders. Denn auch wenn viele mit der Arbeit in der Landwirtschaft nicht mehr in Berührung kommen, geschieht dort doch etwas Elementares, das uns alle angeht. Landwirte beklagen zu Recht, dass viele gar nicht mehr wissen, woher unsere Nahrung stammt und mit welch großer Anstrengung sie erzeugt wird. Die Landwirte arbeiten nicht für sich, sondern für uns alle. Sie verdienen unser aller Interesse und unsere Wertschätzung. Die gemeinsamen Feiern zum Erntedank sind eine gute Möglichkeit, sich das neu bewusst zu machen.

Und noch etwas hat sich nicht geändert und bleibt für unser Leben bestimmend: Wir haben nicht alles selber in der Hand. Wir werden beschenkt. So dass wir mit Matthias Claudius und allen, die das ganze Jahr über auf den Feldern gearbeitet haben, in den Dank an Gott einstimmen dürfen: Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!

Jochen Kinder, Superintendent im Kirchenbezirk Leipziger Land