Das Runde im Eckigen

Kennen Sie den? Der Vorarbeiter hatte einen Unfall und musste zum Arzt zum Verbinden. Die Sekretärin bekam einen Migräneanfall und der Werkstattmeister musste zum Begräbnis seiner Großmutter. Als alle weg und verschwunden waren, sagte der Chef zum Lehrling: „Ach, komm Fritz, jetzt gehen wir auch zum Public Viewing und sehen uns das EM-Spiel an!“ Seit drei Wochen rollt der Ball in unserem Land im großen Fußball-Europameister-Spektakel. Die Gruppenphase ist vorbei und schon fast vergessen. Die Achtelfinalspiele liegen hinter uns und nun stehen die Viertelfinalbegegnungen an. Es wurde und wird gekämpft und gelitten, gewonnen und verloren, gesungen und geschwiegen, gefeiert und getrauert. Wir erleben das Tableau unserer menschlichen Emotionen in den Spielen mit ihren Siegen und Niederlagen und irgendwie scheint damit das „Spiel auf dem grünen Rasen“ auch ein Spiegel für das „Spiel“ unseres eigenen Lebens zu sein. Die Frage dabei ist: Finden wir das Runde im Eckigen? Finden wir in unserem Leben mit all seinen Aufs und Abs, mit all seinen Freuden, aber auch Traurigkeiten, mit allen unseren Siegen und Niederlagen, mit all seinen Kanten und Ecken das Runde? Deutschlands berühmtester Fußballtrainer Jürgen Klopp formulierte es einmal „kloppomäßig“ so: „Um das ein für alle Male zu klären. Es gibt zwar keinen Fußball-Gott, aber ich glaube, dass es einen Gott gibt, der uns Menschen liebt, genauso, wie wir sind, mit all unseren Macken.“ Ich teile diesen Glauben und die Erfahrung, dass es Gottes bedingungslose Liebe zu uns Menschen ist, die das Runde im Eckigen meines Lebens ausmacht. Diese Liebe, die uns mit und in Jesus begegnet, ist Kraft, Ermutigung, Trost und Rettung im Leben und Sterben. Das Bibelwort über dem morgigen Sonntag ist (m)eine Bestätigung dafür: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jes. 43, 1) DAS ist doch ganz klar ein „Das-Runde-im-Eckigen-Wort“ … Übrigens, mit Blick auf das „Spiel auf dem grünen Rasen“ ist Jürgen Klopp realistisch nüchtern: „Die Kiste müssen wir schon selber treffen.“

Herzlichst Ihr

Tobias Jahn

Geistlicher Leiter der Diakonie Leipziger Land