Wort zum Tag – 10.01.2025
10. Januar 2025
Gottes Kinder
Wes Geistes Kind sind Sie? Die Frage geht an die Substanz: Was prägt Sie, was treibt Sie an, welche Ziele verfolgen Sie? Die Frage zielt letzten Endes auf den Kern meiner Person. Es ist eigentlich keine einfache Frage – aber sie scheint sich oft erstaunlich leicht beantworten zu lassen; zumindest mit dem Blick auf andere. Die Wendung, „nun habe jemand aber deutlich gezeigt, wes Geistes Kind“ er sei, ist beliebt – und selten meint sie etwas Gutes. Der Geist, an den gedacht wird, ist für den Sprecher in der Regel ein Ungeist, der den Angeredeten als ernstzunehmenden Gesprächspartner disqualifiziert: „Mit Ihren Worten zeigen Sie deutlich, wes Geistes Kind Sie sind!“ Mehr braucht nicht gesagt zu werden. Es geht auch anders, zumindest für Paulus. Er kann die alte Redewendung noch gar nicht kennen. Aber es ist, als wollte er sie umkehren, wenn er an die Gemeinde in Rom schreibt, den Spruch für die neue Woche: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ (Röm. 8,14) „Ich weiß, wes Geistes Kinder ihr seid!“, ruft Paulus den Christen in Rom zu, und er will sie damit nicht entlarven, nicht bloßstellen, nicht als Feinde markieren. „Ihr seid“, sagt er, „Kinder des Geistes Gottes, und darum dürft ihr euch selbst Söhne und Töchter Gottes nennen“. Dieser Geist ist es, der Auftritt, Rede, Motivation der Christen bestimmen soll – in Rom, aber nicht nur dort und nicht nur damals. Der Geist der Kindschaft ist das Gegenteil eines „knechtischen Geistes“, eines „Geistes der Sklaverei“ – das heißt, er ist und meint zuallererst Freiheit. – Aktuell gibt es derzeit viele gute Gründe, sich um die Freiheit Sorgen zu machen. Angst aber sollte uns in unserer Sorge um die Freiheit nicht leiten lassen. Wäre dem so, wir hätten schon viel von ihr verloren. Lassen wir uns von Gottes Geist leiten und dabei auf Jesus Christus blicken, damit andere im guten Sinne erkennen, wes Geistes Kinder wir sind.
Pfarrer Michael Tetzner im Kirchspiel Geithain – Frohburg – Lunzenau