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Verstärkung im theaterpädagogischen Bereich


15. Januar 2024

„Theater und Kirche stehen für mich in meinem Leben in einer engen Verbindung zueinander.“ – so Isabelle Reimann. Seit Oktober arbeitet sie als Theaterpädagogin bei der Arbeitsstelle Kinder – Jugend – Bildung für unseren Kirchenbezirk. Hier stellt sich die junge Frau vor.

Mein Name ist Isabelle Reimann und ich bin Vermittlerin der Darstellenden Künste. Seit August 2023 arbeite ich als Theaterpädagogin bei der Arbeitsstelle Kinder – Jugend – Bildung für den Kirchenbezirk Leipziger Land. Studiert habe ich Kultur- und Medienpädagogik mit dem Schwerpunkt der Vermittlung der Darstellenden Künste in Merseburg.

Tanz und Theater begleiten mich schon sehr lange in meinem Leben. Über diese Kunstformen kann ich mich am besten Ausdrücken, aber auch Abschalten und mir einen gewissen Schutzraum und Zufluchtsort kreieren.

Übrigens gab mir die Kirchgemeinde Machern in meiner Kindheit und Jugend immer wieder Möglichkeiten, mich in meinen tänzerischen und theatralen Ausdrucksformen ausprobieren zu können. Irgendwann schrieb ich für die Christnacht die Stücke und gestaltete diese gemeinsam mit der Jungen Gemeinde aus. In Nepperwitz gab es lange Zeit ein Musikprojekt der ev. Jugend des Kirchenbezirks, dessen Teil ich in meiner Jugend wurde und am Ende auch dafür ein Stück schrieb und es mit anderen Jugendlichen einstudierte. Während meines Studiums absolvierte ich dann schließlich auch mein Praxissemester in einer kirchlichen Institution im Referat für Spiel- und Theaterpädagogik im Landesjugendpfarramt in Dresden. Als ich mit meiner Familie 2020 wieder in das Leipziger Land nach Grimma zog, fand ich Anschluss in der Theaterwerkstatt Kirchspiel Muldental und übernahm die künstlerische Leitung. Theater und Kirche stehen für mich in meinem Leben deswegen auch in einer engen Verbindung zueinander.

Was fasziniert dich am theaterpädagogischen Bereich?

Theaterpädagogik ist ein weitgefasstes Arbeitsfeld. Ich muss nicht an einem Theater arbeiten, aber ich kann. Es gibt so viele großartige Möglichkeiten, die Theaterpädagogik anzuwenden und auszugestalten. Theater kann als Methode genutzt werden, um als Mobbingprävention angewandt zu werden oder der Fokus kann generell auf die Stärkung des sozialen Umgangs miteinander gelegt werden. Theater kann auch einfach gemacht werden, weil es Spaß macht. Es muss nicht immer ein Schwerpunkt auf der Förderung von Kompetenzen liegen. Und das ist das Besondere für mich. Im Grunde ist Theater eine Ausdrucksform. Menschen erzählen miteinander eine Geschichte. Sowohl die Darstellenden als auch das Publikum können dabei für sich so unglaublich viel mitnehmen an ästhetischen Erfahrungen. Der Schwerpunkt in der Theaterpädagogik liegt auf der Zusammenarbeit mit Laien und das finde ich das großartige daran, denn diese haben eine besondere Spielfreude und somit auch andere Stärken im Ausdruck. Das berührt mich auch am meisten an meiner Arbeit, wenn am Ende diese Spielfreude sichtbar gemacht wurde. Und das Beste, es gibt keinen Lehrplan, der in einem gewissen Zeitraum durchgezogen werden muss und es ist auch vollkommen in Ordnung, wenn ein Projekt ganz anders verläuft als gedacht. „Heiter scheitern“ ist mein Lieblingsspruch aus der Theaterdidaktik. Zugleich auch für mich das Wichtigste für meine Arbeit, dass die Teilnehmenden lernen, dass nicht immer alles (vor allem im Theater, wie auch im echten Leben) einen linearen Weg geht, sondern dass es total in Ordnung ist, wenn das Ergebnis am Ende ein ganz anderes ist.

Die Stelle ist neu im Kirchenbezirk bzw. auch darüber hinaus einzigartig – wie schätzt du den Stellenwert von Theaterpädagogik in der Kirchlichen Arbeit ein?

Erst einmal muss ich erwähnen, dass wir im Landesjugendpfarramt in Dresden einen sehr guten Theaterpädagogen namens Lars Gustav Schwenzer haben, dessen Zusammenarbeit ich auch sehr schätze. Auch in anderen Landeskirchen gibt es engagierten Referent:innen in diesem Bereich. Allerdings wüsste ich nicht welcher Kirchenbezirk der sächsischen Landeskirche eine theaterpädagogische Stelle hat.

Natürlich schätze ich den Stellenwert für die kirchliche Arbeit als sehr wichtig ein. Eigentlich ist jeder Gottesdienst eine Inszenierung, welcher dramaturgischen Regeln und Abläufen unterliegt. In der Theaterpädagogik geht es nicht nur darum mit Gruppen Theaterübungen zu machen und im besten Fall daraus ein Stück zu entwickeln. Es geht auch viel um das Thema Präsenz im Raum, wie stehe ich im Raum, wie rede ich und wie setze ich meine Stimme ein? Alles wesentliche Themen, die in der Zusammenarbeit mit Menschen wichtig sind zu wissen und zu beherrschen. Außerdem übt in der Regel jede Kirchgemeinde einmal im Jahr ein Theaterstück ein, das Krippenspiel. Da sollten Grundlagen des Theaterspielens und auch Grundlagen der Theatervermittlung gleichermaßen bedacht werden.

Wie möchtest du die Stelle ausgestalten/ aufbauen?

Aktuell bin ich dabei, herauszufinden was die Menschen im Kirchenbezirk im Kontext Theater brauchen und auch von dieser Stelle erwarten. Die Stelle hat nur einen kleinen Umfang an Stunden und ich versuche ein Konzept zu entwickeln, wie dies mit Konzeptionen von Veranstaltungen und der Durchführung auch vereinbart werden kann. Neben der Unterstützung der dramaturgischen und theatralen Ausgestaltung von Jugendgottesdiensten, wird es vor allem in diesem Jahr Workshops geben. Die Weiterbildung von Ehren- und Hauptamtlichen liegt dabei im Fokus der Angebote. Außerdem möchte ich auch Menschen zusammenbringen und vernetzen, die Theater spielen wollen oder dies bereits in kirchlichen Theatergruppen machen. Dazu wird es im Frühjahr 2024 eine konkrete Veranstaltung geben.

Ich verstehe mich eher darin, mein Handwerkszeug und Wissen weiterzugeben und somit dann Grundlagen des Theaterspielens und der Vermittlung in die Kirchgemeinden durch die Teilnehmenden an meinen Workshops weiterzutragen. Für die Entwicklung konkreter Theaterprojekte reicht der Stellenumfang leider nicht aus, aber wenn eine Kirchgemeinde Unterstützung bei einem konkreten Theater- oder Tanzprojekt braucht, dann bin ich gerne bereit, diese zu unterstützen. Allerdings dann durch meine selbstständige Tätigkeit.

Wie schätzt du das Engagement hier im Kirchenbezirk ein u.a. mit der Schaffung dieser Stelle?

Die Hauptamtlichen Mitarbeitenden machen sich viele Gedanken über die zukünftige Ausgestaltung von Kirche und versuchen Wege zu finden, die gegangen werden könnten. Das finde ich gut, dass überlegt und ausprobiert wird, was es für eine Kirche der Zukunft braucht. Für die Schaffung dieser Stelle hat es einige Anläufe gebraucht, da es einige Unstimmigkeiten mit dem Landeskirchenamt gab. Ohne das beharrliche Engagement und das Einstehen dafür, dass diese Stelle für den Kirchenbezirk und der Arbeit vor Ort wichtig sei, gäbe es diese Stelle überhaupt nicht. Ich freue mich, für fünf Jahre Teil des Prozesses sein zu können und bin gespannt, wie und wohin sich die Stelle entwickeln wird und hoffe, dass das Engagement vor Ort bestehen bleibt und ich auch meinen Teil zur Motivation zum Engagement beitragen kann.

Wie ist der Kirchenbezirk aktuell im Theaterbereich aufgestellt?

In einigen Kirchgemeinden gibt es bereits Theatergruppen, die schon im Kirchenbezirk bekannt sind durch ihre Auftritte. Anderorts gibt es Anspielteams oder der Gottesdienst wird versucht, theatral auszugestalten. Interesse und Potenzial ist auf alle Fälle da. Ich hoffe, dass eine gute Zusammenarbeit in der nächsten Zeit entstehen wird.

Mit welchem Ziel und welchen Visionen gehst du in deine Arbeit?

Theater und Kirche gehört für mich Theatergeschichtlich zusammen. Nur das Zusammenspiel hat schon einmal besser funktioniert. In den letzten Jahren standen beide in Fachdiskussionen in einem ambivalenten Verhältnis zueinander. Das finde ich sehr schade. Meine Vision ist es, hier im Kirchenbezirk beides wieder miteinander verbinden zu können. Es soll nicht mehr nur eine erwartende Pflicht sein, irgendwie ein Krippenspiel Heiligabend über die Bühne zu bringen. Wir feiern immerhin den Geburtstag von Jesus und unseres Glaubens, da finde ich, kann schon einmal großes Brimborium aufgefahren werden. Ich möchte wieder ein Verständnis dafür schaffen, den Glauben mit Begeisterung ausdrücken zu können. Dafür müssen es meiner Meinung nach nicht immer hoch theologische Diskussionen sein, die leider auch Menschen ausschließen, da nicht alle diese verstehen können. Auch im wesentlichen und Kleinen kann Glaube erlebt und erfahrbar gemacht werden. Für mich geschieht das vor allem durch darstellende Ausdrucksformen. Dieses Verständnis der Wichtigkeit von gelebtem Glauben in verschiedenen Darstellungen, möchte ich wieder Sichtbar machen und den Leuten näherbringen. Ich wünsche mir und hoffe, dass am Ende kein Anspiel mehr nur so nebenbei mal schnell noch gemacht wird und auch Krippenspiele wieder im gesamten Bezirk eine ausdrucksstarke Botschaft transportieren. Am Ende bleibt nur der Mut zum Ausprobieren und sich darauf einzulassen. Dafür möchte ich als Wegbereiterin fungieren und hoffe, dass diese Stelle sich auch von einer kleinen Nebentätigkeit zu einer bedeutungsvollen Stelle für den Kirchenbezirk entwickelt und dies auch auf Landesebene erkannt wird.