Verliebte Blicke

Im blauen Winterhimmel reiten die zwei den Berg hinauf. Schnee wirbelt auf unter den Hufen der Pferde. Das pure Glück strahlt aus ihren Gesichtern. Der Schleier der jungen Braut weht im Wind. Wie oft, liebe Leserinnen und Leser, haben Sie in der vergangenen Advents- und Weihnachtszeit “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” gesehen? Wahrscheinlich schon so oft, dass Sie – wie ich – die Dialoge der einzelnen Akteure mitsprechen können. Und trotzdem hat die Verfilmung aus dem Jahr 1973 bis heute nichts von ihrem Charme verloren. Sie berührt unsere romantischen Seelen, die sich gern an die erste Liebe, verliebte Blicke, erste Küsse, und wärmende Worte erinnern. 

Ist Ihnen aufgefallen, dass die Märchen fast alle so enden: “Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.” Die Märchen und ihre Verfilmungen blenden beim Hochzeitsfest das letzte Bild ein und wollen uns glauben machen, dass die verliebten Blicke für immer anhalten.

Die Realität sieht anders aus. Mit den Jahren lernt man einander immer besser kennen und wird zunehmend vertrauter. Aber der Alltag schleift die Romantik auf ein Minimum ab: Kinder, Arbeit, Freizeitbeschäftigungen oder Ehrenamt fordern Aufmerksamkeit und der Ton wird sachlicher. Der alljährliche Valentinstag am 14. Februar erinnert uns daran, dass wir unseren Beziehungen wieder neuen Schub geben können, indem wir uns einander widmen, bewusst Zeit miteinander verbringen, den Alltag durch kleine Besonderheiten versüßen. Das müssen keine Blumen oder Pralinen sein, die rund um den Valentinstag fleißig beworben werden, keine funkelnden Steine auf goldenen Ringen. Beziehungspflege ist mehr als Konsumzuwachs im Einzelhandel. Sie ist bewusste Zuwendung und Erinnerung, dass die Liebe mehr Spielarten hat als die Romantik des Anfangs. Als Christen erinnern wir an die göttliche Trias: Glaube, Liebe, Hoffnung: Mit Gott im Bunde, der Liebe als Motor und mit der Hoffnung auf die weitere gemeinsame Zukunft im Gepäck haben sich schon manche Paare auch nach Jahren wieder verliebte Blicke geschenkt – nicht nur am Valentinstag!               

Dorothea Schanz, Pfarrerin in Großbothen/ Kirchspiel Muldental