Wort zum Tag – 15.11.2024
15. November 2024
Wem?
Der Dativ ist seit dem Buch von Bastian Sick nicht nur dem Genitiv sein Tod, sondern seit jeher ein Fall der Beziehung und der Besitzverhältnisse. In Sachsen hört man manchmal noch “Dem Lutz seine Jacke” oder “der Jana ihre Kleene”. Deutschlehrern zieht das die Fußnägel hoch.
“Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn”, so lesen wir im Römerbrief der Bibel. Auch hier soll eine Beziehung deutlich werden. Die Beziehung zu Jesus Christus. Im Leben und im Sterben ist dieses Beziehungsgefüge aktiv. Durch die Erfahrungen unterschiedlicher Menschen, die in der Bibel bewahrt sind, zeigt sich mir, wie dieses Vertrauen sie getragen hat: Elisabeth und Maria, Lazarus, Petrus, Paulus und viele andere. Die Liste der Namen ist lang. Wir können sie ergänzen durch die Erfahrungen der Menschen von heute: Er ist mit im Kreißsaal, in der Schule, in Krankenhäusern und Gefängnissen, selbst an den Sterbebetten. Es ist kein Raum, den Gott nicht einnimmt. Wir brauchen dafür ein Bewusstsein, denn unser begrenztes Leben tut sich schwer mit Gottes Fülle.
Ihm will ich gern gehören, weil ich spüre, er ist mir nahe. Er sieht mein Fragen und Zweifeln. Er sieht meine Zerriebenheit zwischen all den Zugehörigkeiten, die mir das Leben gibt und vorgibt. Wem gehöre ich eigentlich? Und wem gehöre ich eigentlich?
Ich gehöre dem, der den Anfang meines Lebens kennt und mein Ende.
Als der Theologe Dietrich Bonhoeffer am 9. April 1945 auf persönlichen Befehl Hitlers hingerichtet wurde, sagte er noch zu seinen Mitgefangenen: „Das ist das Ende. Für mich aber der Beginn des Lebens.“ Bonhoeffer und viele andere haben gewusst, wem sie gehören: im Leben wie im Sterben. Und sie haben gewusst, dass Jesus diesen Weg vorausgegangen ist und wir ihm trauen können. Manchmal ist dieser Weg sehr steinig. Aber er sieht für uns immer wieder Atempausen vor: Gemeinschaft, Gebet, Gesang.
Dorothea Schanz, Pfarrerin in Großbothen