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Wort zum Tag – 18.07.2025


18. Juli 2025

Leichtes Gepäck

Einmal im Jahr gehe ich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Diakonie Leipziger Land pilgern. Wenn eine neue Kollegin oder Kollege zu unserer Pilgergruppe dazukommt, erleben wir häufig, dass diese einen viel zu großen und zu schweren Rucksack dabei hat. Den Hinweis in der Pilgerinfo für das Gepäck: „So viel, wie nötig. So wenig, wie möglich!“ hat man übersehen. Und so ist die erste Pilgerlektion schnell gelernt. Zum Pilgern braucht es leichtes Gepäck. Die Frage nach dem Gepäck ist auch gut auf unser Leben übertragbar. Was schleppen wir nicht alles mit auf unserer Lebensreise. Den materiellen Teil unseres „Lebenskoffers“ können wir mit Kleiderkammer, Sperrmüll, Ebay-Kleinanzeigen oder Verschenk- Aktionen immer wieder erleichtern und uns dabei fragen: „Was ist wirklich wichtig?“ Aber was machen wir eigentlich mit unserem „Seelenkoffer“? In ihm sammeln sich unsere Erfahrungen von Leid, Trauer und Verlust, von eigenem Scheitern oder Schuld, uns zugefügte Verletzungen, traumatische Erfahrungen. Manch Seelenkoffer wiegt schwer, sehr schwer. Und er lässt sich leider nicht beim Sperrmüll abgeben oder bei Ebay einstellen. Um unseren „Seelenkoffer“ leichter zu machen, haben wir – so glaube ich – drei Möglichkeiten. Sie schließen sich nicht gegenseitig aus, können sich vielmehr ergänzen. Erstens: Ich wünsche uns allen Menschen an der Seite, denen wir vertrauen und die uns nah sind.  Mit ihnen teilen wir unser Leben, auch unseren Seelenkoffer und so können Lasten auch geteilte Lasten sein. Zweitens: Manchmal können Seelenkoffer einen Menschen krank machen und den Lebensalltag bedrohen. Hier braucht es dann Menschen, die spezialisiert und ausgebildet sind. Wenn der Seelenkoffer „SOS“ funkt sind Fachleute wie Ärzte und Psychologen oder Psychotherapeutinnen nötig. Drittens: Wir beziehen die Religion, den Glauben in unser Leben ein. Diese Ressource ist vielen Menschen fremd geworden und bleibt doch so wertvoll, wie hilfreich. Im christlichen Glauben vertrauen wir auf Jesus Christus. Er, ein Meister des leichten Gepäcks, ist ein ausgewiesener Lastenträger. Johannes der Täufer hat es als einer der ersten erkannt und bezeugt: “Sieh, das Lamm Gottes, das den Ballast der Welt wegträgt!” (Johannes 1,29). Pilgern ist eine Möglichkeit, dem christlichen Glauben und seinen Kraftquellen neu auf die Spur zu kommen.  Im Gehen und an den Orten der Stille am Weg erschließen sich biblische Worte neu und werden Glaube, Hoffnung, Liebe spür- und erlebbar.

Tobias Jahn – Geistlicher Leiter der Diakonie Leipziger Land